„Wer bezahlt meine Ärzte?“ – „Bleibe ich auf den Arzneikosten sitzen, wenn keine Krankenkasse für meine Pillenrezepte geradesteht?“
Ängste, die viele so sehr quälten, dass sich lange Schlangen vor Filialen der Krankenkassen bildeten, von Hilfesuchenden, die Aufnahme als Mitglied begehrten, weil ihre Betriebskrankenkasse pleite ist und unsicher erschien, ob und bei welcher Krankenkasse sie unterkommen würden. Es gab – gesetzlich unzulässige – Weigerungen, da kämen allzu viele Neue mit geringen Beiträgen und Mehrfacherkrankungen, „hohen Risiken“ in der Sprache der Kassen. Auch durchaus potente Kassen fühlten sich „nicht zuständig“. Bei der AOK Berlin war das Thema einer internen Risikobetrachtung. 31.500 Wechsler von der City BKK wurden da erwartet.
Pflichtversicherte – das sind die allermeisten Arbeitnehmer, mit Einkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze (2011: 49.500 €) – haben nach dem offiziellen Schließungsdatum nur zwei Wochen Zeit, sich eine neue Kasse zu suchen.
Die Situation machte so richtig klar, welch hohen Rang die Krankenkassen im System der sozialen Sicherheit haben. Doch für (klar auszumachende) konservative Politiker sind diese einfach Akteure auf dem Gesundheitsmarkt, die halt mehr oder weniger erfolgreich agieren. Die Kassen haben gefälligst in einem „Wettbewerb“ zu bestehen, bei dem die Lobby der Starken die Werte vorgibt. „Zerstörerisch“ nennt der DGB diesen Wettbewerb, in dem es inzwischen immer mehr um die Belastbarkeit der Kassenmitglieder durch Zusatzbeiträge geht. Als „unbedenklich“ oder „leistungsfähig“ wurden vor Jahresfrist 88 der damals 160 gesetzlichen Kassen vom GKV-Spitzenverband eingeschätzt.
Das Problem der Hilfesuchenden ohne Versicherungsschutz gilt inzwischen als abgehakt. Die Krankenkassen in Berlin und Hamburg haben zusätzliche Beratungskapazitäten eingerichtet. Das Bundesgesundheitsministerium droht mit Bußgeldern bis zu 50.000 €, wenn versucht wird, Kassenbeitrittswünsche abzuwimmeln.
Na schau’n wir mal!
Laut TAGESSPIEGEL (15.5.) zeichnet sich mit der BKK für Heilberufe eine weitere Kassenpleite ab. „Zudem seien weitere Kassen in einer finanziell schwierigen Situation“, warnt das Bundesversicherungsamt.
Es sind vor allem Ossis, die darauf bestehen, dass eine Krankenkasse für alle die richtige Lösung wäre. In Verbindung mit einer Bürgerversicherung, in die alle für alle Einkommensarten Beiträge zahlen. Dann brauchte es auch keinen „Risikostrukturausgleich“ (siehe Wikipedia) als Mittel, die unterschiedlichen Beitragseinnahmen und Alters-/Krankheitsbelastungen der Kassen auszubalancieren.
Wo liegt der Kern des Problems? Das System krankt an einer Finanzierung, die klientel-orientiert ist. Die Besserverdienende und Arbeitgeber schont – durch Beitragsbemessungsgrenzen für die einen wie die anderen.
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Übrigens: Krankenkassen-Wechsler haben für den Wechsel grundsätzlich die freie Wahl – aber (!), wer ein Jahreseinkommen unter rund 50.000 € hat, dem ist ungeachtet seiner drängenden Situation der Wechsel in eine private Kasse verwehrt. Aufschlussreich auch das, nicht wahr?
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