Pit über kranke Gesundheitspolitik

Weg mit der ärgerlichen Praxisgebühr!

pits aktueller Kommentar (16-12)

 Es fällt mir nicht so leicht, einen Vorschlag aus der FDP zu bejubeln.
Doch der Volksmund sagt, "wo eena Recht hat, hatta Recht".

Ärgerlich ist die Praxisgebühr verständlicherweise besonders für all jene, die mit der Rente "knapsen" müssen. Erst recht gilt das, wenn etliche Fachärzte auf dem persönlichen Behandlungsprogramm stehen und man auch mal vergisst, für den Quartalsanfang vom Hausarzt, dem normalerweise als ersten im Quartal Konsultierten, die nötigen Überweisungen zu erbitten, damit man die Gebühr nicht mehrmals berappen muss.

2004 von einer sozialdemokratischen Gesundheisministerin mit einem "Gesundheitsmodernisierungsgesetz" als Basis einer "hausarztzentrierten Versorgung" eingeführt, um von "unnötigen" Arztbesuchen abzuhalten, hat sie diesen Zweck von Beginn an verfehlt. Ärzte kritisieren seither den damit verbundenen Bürokratieaufwand.

Nach einer Untersuchung der Barmer GEK von 2010 ist die "Kontaktzahl mit einem Arzt" mit rund 40 im Jahr bei  80-Jährigen doppelt so hoch (!) wie bei 50-Jährigen.

Bei alldem erfüllt die zusätzliche Einnahmequelle nicht die ministeriellen Erwartungen (statt 2,6 Mrd. € nur knapp 2 Mrd.).
Von daher erklärt sich der Vorschlag (aus der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung), die Praxisgebühr für jeden einzelnen Arztbesuch zu erheben, doch hatte sich diese Idee (wohl wegen der negativen Erfahrungen) bald erledigt.
Jeder niedergelassene Arzt bzw. sein Praxisteam wendet derzeit 120 Stunden im Jahr für den Einzug und die Quittierung der Praxisgebühr auf. Aber auch die komplexen Mahnverfahren - insgesamt sind es knapp eine Million - bringen einen enormen Zeitaufwand mit sich.

Sozialpolitiker der Opposition mahnen unentwegt, endlich damit aufzuhören, die Kranken zu schröpfen - mit Praxis- und Rezeptgebühren, mit Zuzahlungen für Medikamente, medizinische Hilfsmittel, Krankenhausaufenthalte usw.
Eine EU-Untersuchung (2009) hatte die schädliche Wirkung von Praxisgebühren auf den Gesundheitsstatus von Geringverdienern thematisiert. Deutschland schnitt dabei nicht gut ab.

FDP-Rösler hatte beizeiten darauf bestanden, die gesetzlichen Krankenkassen könnten nicht auf die zusätzlichen Einnahmen verzichten (in der Öffentlichkeit zum Teil irreführend als Teil des ärztlichen Honorars apostrophiert).
Was wegen der jetzt üppigen Beitragszuflüsse geradezu absurd erscheint.

Röslers Parteifreund und Nachfolger im Amt des Gesundheitsministers, Daniel Bahr, sieht das anders; er setzte die Abschaffung der Gebühr auf die Tagesordnung. Und bekam dafür Unterstützung seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Doch hüten wir uns vor Gutgläubigkeit! Las man doch auch von einem FDP-Experten, der über eine Einnahme-Alternative nachdenkt: eine Selbstbeteiligung der Patienten an den Behandlungskosten.

Verzicht auf Klientelpolitik aus sozialen Gründen? Aber nicht doch!.

Die Unionsparteien stemmen sich in der Regierungskoalition ohnehin gegen ein Aus der Gebühren, auch die "Christlich-Sozialen"!

Ein anderes Thema sind die üppig gefüllten Kassen der Krankenversicherer. In der Wochenschau habe ich wiederholt den Standpunkt der Gewerkschaften bekräftigt, von Beitragsrückzahlungen an die Versicherten abzusehen, zur Sicherheit mit Blick auf die ungewisse Konjunkturlage.

dpa meldete inzwischen:

"Nun haben sich Union und FDP darauf verständigt, dass zumindest die Praxisgebühr 2012 bestehen bleibt."

 


 

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